Der Wechsel zur Circular Economy wird in der Schweiz nicht einfach. Am 1. Anwenderforum Kreislaufwirtschaft an der Berner Fachhochschule werden nicht nur die Herausforderungen, sondern auch die Chancen sichtbar. Der Wirtschaftsraum Bern hat grosses Innovationspotenzial.
Der kürzlich veröffentlichte Circularity Gap Report Switzerland 2023 zeigt, dass bisher erst 63 % der Schweizer Unternehmen Massnahmen zur Steigerung der Nachhaltigkeit ergriffen haben. Bei den Investitionen liegt der Fokus auf der Effizienzsteigerung. Das Thema Kreislaufwirtschaft ist wenig präsent. Nur gerade 6.9 % der Schweizer Wirtschaft sind zirkulär. «Heute beschäftigen sich schweizweit nur rund 10 % der Unternehmen substanziell mit dem Thema Kreislaufwirtschaft», weiss Tobias Stucki von der BFH Wirtschaft. «Hier sehen wir gesamtwirtschaftlich ein riesiges Potenzial.» Bern sei dabei für eine Vorreiterrolle prädestiniert. «Wir müssen unsere Leuchttürme pushen und Wissen teilen», so Stucki. Auch Dr. Sebastian Fries, Vorsteher und Standortförderer beim Amt für Wirtschaft des Kantons Bern, glaubt an die Berner Innovationskraft: «Die Kreislaufwirtschaft ist bei uns ein Thema der Wirtschaft und nicht der Politik. Sie ist eng mit der Innovationsförderung verbunden und trotzdem auch Teil der Vision der Regierung.»
Hoffnungsvolle Allianzen
Das 1. Anwenderforum Kreislaufwirtschaft – organisiert von der Berner Fachhochschule, dem Smart City Verein Bern und Prozirkula – will Bewegung in den Berner Wirtschaftsraum bringen und die Theorie in die Praxis übersetzen. «Zu wissen, was und wie man es machen kann, ist für die Zukunft entscheidend», glaubt Sebastian Wörwag, Rektor der Berner Fachhochschule. «Die BFH will mit diesem neuen Forum eine Allianz initiieren und Hoffnung geben.» Das scheint schon nach den ersten Referaten zu greifen. Die Gastgeber*innen, die Referierenden und das Publikum sind sich einig: Kreislaufwirtschaft überzeugt – ökologisch und ökonomisch.
Das Programm ist dicht gedrängt. Es sprechen Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. In Breakout-Sessions werden den Teilnehmenden vielversprechende Ansätze für die Kreislaufwirtschaft in den Themengebieten Bau, Energiewirtschaft, Wertströme und ressourceneffiziente Konsummuster präsentiert. Es zeigt sich: In der Schweiz gibt es in den unterschiedlichsten Branchen bereits viele innovative Unternehmen, die Vorbild für eine nachhaltige Wirtschaft sind. «Es freut mich sehr, dass das Thema endlich in der Breite ankommt», sagt Daniel Kästli, Verwaltungsratspräsident der Kästli Bau AG. Seit vielen Jahren wendet sein Unternehmen das Kreislaufkonzept auf dem Bau an. Gemeinsam mit weiteren Vertretern aus der Bauindustrie teilt er seine Erfahrungen in der Session Bau mit einem diversen, interessierten Publikum.
Viele Herausforderungen, grosses Potenzial
Wissenschaftler*innen, Politiker*innen und Unternehmer*innen machen im Rahmen des Forums keinen Hehl daraus: Die Umstellung auf Kreislaufwirtschaft in der Schweiz ist kein leichtes Unterfangen. Es erfordert dafür eine umfassende Veränderung der aktuellen Wirtschaftspraktiken. In allen Präsentationen und Diskussionen wird auf grosse, wenn auch nicht unüberwindbare Herausforderungen hingewiesen:
- Der kürzlich veröffentlichte Circularity Gap Report Switzerland 2023 zeigt, dass bisher erst 63 % der Schweizer Unternehmen Massnahmen zur Steigerung der Nachhaltigkeit ergriffen haben. Bei den Investitionen liegt der Fokus auf der Effizienzsteigerung. Das Thema Kreislaufwirtschaft ist wenig präsent. Nur gerade 6.9 % der Schweizer Wirtschaft sind zirkulär. «Heute beschäftigen sich schweizweit nur rund 10 % der Unternehmen substanziell mit dem Thema Kreislaufwirtschaft», weiss Tobias Stucki von der BFH Wirtschaft. «Hier sehen wir gesamtwirtschaftlich ein riesiges Potenzial.» Bern sei dabei für eine Vorreiterrolle prädestiniert. «Wir müssen unsere Leuchttürme pushen und Wissen teilen», so Stucki. Auch Dr. Sebastian Fries, Vorsteher und Standortförderer beim Amt für Wirtschaft des Kantons Bern, glaubt an die Berner Innovationskraft: «Die Kreislaufwirtschaft ist bei uns ein Thema der Wirtschaft und nicht der Politik. Sie ist eng mit der Innovationsförderung verbunden und trotzdem auch Teil der Vision der Regierung.»
- Komplexität des Systems: Kreislaufwirtschaft erfordert ein komplexes Netzwerk von Unternehmen und Institutionen, das sowohl Abfallvermeidung als auch -verwertung umfasst. Die Implementierung erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Institutionen, Unternehmen und Verbraucher*innen.
- Kultureller Wandel: Ein wichtiger Aspekt der Kreislaufwirtschaft ist die Verlängerung des Lebenszyklus von Produkten. Das erfordert eine Änderung der Einstellung der Verbraucher*innen gegenüber Waren und Dienstleistungen. Viele bevorzugen derzeit den Kauf neuer Produkte, anstatt beschädigte oder abgenutzte Artikel zu reparieren oder wiederverwenden.
- Regulatorische Hürden: Die Einführung einer Kreislaufwirtschaft erfordert auch eine Anpassung der aktuellen Gesetzgebung und Regulierungen. Es sind neue Normen und Standards notwendig, um die Verwendung von Sekundärmaterialien zu erleichtern und den Umgang mit Abfall effektiver zu gestalten.
- Finanzielle Investitionen: Eine Umstellung auf Kreislaufwirtschaft erfordert Investitionen in neue Technologien, Anlagen und Infrastrukturen. Die Investitionen in die Kreislaufwirtschaft sind jedoch häufig höher als bei der linearen Wirtschaft und die Vorteile werden möglicherweise erst langfristig sichtbar.
Trotz aller Herausforderungen ist man sich an diesem ersten Anwenderforum einig: Der Wechsel zur Kreislaufwirtschaft birgt auch grosse Chancen. Mit ihm gelingt es die Ressourceneffizienz zu erhöhen und den ökologischen Fussabdruck zu verringern. Die Innovationskraft nimmt zu. Die Umstellung erfordert jedoch eine enge Zusammenarbeit und ein umfassendes Engagement aller Beteiligten, um eine nachhaltige Zukunft zu schaffen.
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